Am 1. April eine Runde Blood on the Clocktower? Da musste natürlich etwas besonderes her. Die Wahl fiel auf Hide & Seek, ein fortgeschrittenes Skript, bei dem alle Charakter einen Grund haben zu lügen. Nicht dass normalerweise alle gleich mit der Wahrheit rausrücken, aber heute war es schon etwas anders. Statt dem üblichen „ich muss mit dir sprechen“ oder „wer will schon was erzählen“ kam nur ein „Willst du was sagen? Nöh? Hmm, ich auch nicht.“ was gleich ein ganz anderes Gefühl gab.
Aber fangen wir vorne an:
Blood on the Clocktower lebt davon, dass Spieler nicht die Wahrheit sagen. Die bösen Spieler erzählen üblicherweise niemals, dass sie zum bösen Team gehören, um zu überleben. Vergiftung und Betrunkenheit führen dazu, dass auch gute Spieler falsche Dinge mit dem Brustton der Überzeugung behaupten, da sie es so vom Erzähler erfahren haben. Mit „Besessenheit“ kommt eine weitere Lüge dazu: man wird als guter Spieler dazu gezwungen zu lügen. Entweder um einen Vorteil zu bekommen – wie beim Feedkind, dessen Eigenschaft lautet:
Du kennst zu Beginn 1 im Spiel befindlichen Bürger. Falls du „besessen“ davon warst, dieser Bürger zu sein, erhältst du seine Fähigkeit, wenn er stirbt.
Das Feenkind muss die Gruppe glaubhaft davon überzeugen, dieser andere Bürger zu sein, um seine Fähigkeit zu aktivieren. Tut es das nicht, so hat es keine Fähigkeit. Beim Mutanten als Außenseiter geht es darum, keinen Nachteil zu erhalten:
Falls du „besessen“ davon bist, ein Außenseiter zu sein, könntest du hingerichtet werden.
Hier reicht es schon, wenn der Mutant indirekt andeutet, dass er kein Außenseiter sein könnte, damit der Erzähler ihn dafür mit einer Hinrichtung bestraft. In diesem Spiel war der Cerenovus dabei, der Spieler besessen macht:
Wähle jede Nacht 1 Spieler & 1 guten Charakter: Der Spieler ist morgen „besessen“ davon, dass er der Charakter ist, oder könnte hingerichtet werden.
In dieser Runde ist dies 3x passiert und 3x haben sich die betroffenen Spieler dazu entschieden, sich in der großen Runde nicht daran zu halten. Bei der ersten Spielerin war ich kurz davor sie deshalb hinzurichten, als ein Bürger die Jungfrau nominierte und sich mit seiner eigenen Hinrichtung vordrängelte:
Wenn du zum 1. Mal nominiert wirst: Falls der Nominierende ein Bürger ist, wird er sofort hingerichtet.
Am zweiten Tag wurde die besessene Spielerin schon erfolgreich nominiert und hielt sich nicht daran, ihre Besessenheit „vorzuführen“. Das gute Team lag zu dem Zeitpunkt weit hinten, und der Künstler hatte sie schon als Gute Spielerin erkannt,
Einmal im Spiel, während des Tages, stelle dem Erzähler geheim 1 beliebige Ja/Nein-Frage.
so dass ich mich dazu entschied, dem Dorf einen kleinen Tipp zu geben und nicht das Tagesende abzuwarten, sondern die Spielerin vorzeitig auf Grund von Besessenheit hinzurichten. Dies ist üblicherweise – genauso wie ein Tod in der Nacht – ein starker Hinweis darauf, dass die betroffene Spielerin gut sein sollte.
In der nächsten Nacht wurde besagter Künstler besessen und vom Dämon hingerichtet – Koordination ist schwierig unter den wachsamen Augen der anderen Spieler! Damit ging es mit einem besessenen Toten in den vorletzten Tag – den „Letzten Vier“ – an dem normalerweise nicht nominiert wird, da das Risiko zu hoch ist, den falschen Spieler zu erwischen und zu verlieren. Alle Spieler wollten schlafen, bis auf einen unserer etwas chaotischeren Spieler, der unbedingt den falschen nominieren wollte und damit eine vorzeitige Niederlage seines Teams erreicht hätte. Seine Stimme und die des Bösen Teams sind mehr als ausreichend dafür, so dass dies etwas Unmut auf sich zog. Da machst du auch als Erzähler nix mehr, wenn sowas passiert. Oder? Der besessene, tote Spieler brach – in der guten Tradition dieser Runde – auch seine Besessenheit, indem er erzählte, dass es besessen sei. Ich dachte kurz nach und richtete ihn dafür hin, womit kein lebenden Spieler starb und wir am nächsten Tag mit 3 lebendigen Spielern den großen Showdown hatten. Den konnte nach einiger Diskussion und knappen Abstimmungen das Gute Team in einen Sieg verwandeln.
Wie spielt man den Cerenovus strategisch richtig? Man muss gute Spieler finden , die nachts Informationen bekommen und diese dann über die Besessenheit daran hindern, diese Informationen teilen zu können. Und durch Wahl eines anderen im Spiel befindlichen Charakters und Fragen zu ihren vorgeblichen Informationen lässt man sie in der großen Gruppe auflaufen. Oder? ODER? Unsere Cerenovus Flo dachte sich, dass er die besessene Spielerin stattdessen lieber zum Narren hält: während des Tages ging er zu ihr, fragte sie – während ich zufällig dabei stand – nach deren Charakter und ließ sich alles in meinem Beisein ausführlich erklären. Das bringt ihm natürlich gar keine Informationen oder einen anderen Vorteil im Spiel, bereitete aber sichtlich Spaß…also bei allen bis auf eine, die gehörig ins Schwitzen kam.
Apropos Spaß, für Hanno war es das zweite Spiel Blood on the Clocktower und er hatte keine Bedenken, gleich eine fortgeschrittene Runde zu spielen. Er bekam direkt die volle Breitseite, da er der Dämon war. Und den spielte er sehr gut: sein Bluff war bis auf den letzten Tag wasserdicht und konnte nur durch die Informationen mehrere Spieler als womöglich falsch identifiziert werden. Er verlor seine Runde als Dämon und gewann die nächste Runde als guter Spieler. Sein Kommentar dazu: „also böse zu sein liegt mir mehr“. DAS ist die richtige Einstellung! Der Spaß während des Spiels ist wichtiger, als der Sieg in den letzten Sekunden.
Als Erzähler soll man das Spiel durch seine Entscheidungen nicht entscheiden sondern immer den Spielern die Entscheidung überlassen. Bei der Entscheidung, die Abstimmung in den „Letzten Vier“ durch eine Besessenheits-Hinrichtung tat ich mir schon etwas schwer, da ich damit eine Entscheidung der Spieler zum Spielende unterbunden habe. Bei dem zweiten Vorfall war es einfacher: Hanno wollte sich in der letzten Nacht selbst umbringen, damit sein Scherge der neue Dämon wird. Dies ist kann aber nur der Imp:
Wähle jede Nacht* einen Spieler: Er stirbt. Falls du dich damit selbst tötest, wird ein Scherge zum Imp.
Er war aber der Vigormortis, der diese Eigenschaft nicht hat, sondern das hier kann:
Wähle jede Nacht* 1 Spieler: Er stirbt. Von dir getötete Schergen behalten ihre Fähigkeit & vergiften 1 benachbarten Bürger. [-1 Außenseiter]
Ich verweigerte ihm deshalb den Selbstmord und er traf die beste Wahl überhaupt: die bestätigte Jungfrau zu töten. Denn diese kann nicht böse sein, was am letzten Tag sehr schlecht für das Böse Team ist, wenn sie eine der drei lebendigen Spieler ist.
Das hört sich nach sehr viel an und dabei war dies die schnellste Runde, die wir jeh in der Stadtbibliothek gespielt hatten. Deshalb direkt eine zweite Runde hinterher. Diesmal dabei war der Außenseiter Schläger:
Jede Nacht ist der 1. Spieler, der dich mit seiner Fähigkeit wählt, bis zur Abenddämmerung betrunken. Du wechselst zu seiner Fraktion.
Jaaa, man kann als guter Spieler auf einmal ein böser Spieler sein und in der nächsten Nacht wieder gut und danach munter hin und her. Bei uns wurde der Schläger als erstes vom Träumer gewählt:
Wähle jede Nacht 1 Spieler (nicht dich selbst oder Reisende): Du erfährst 1 guten & 1 bösen Charakter, 1 davon ist korrekt.
Als guter Erzähler war ich auf Betrunkenheit vorbereitet und hatte einen nicht im Spiel befindlichen Dämon und Bürger griffbereit. In der zweiten Nacht war der Träumer wieder nüchtern und wählte den richtigen Dämon aus. Der gute Charakter war dann natürlich die Rolle, als die der Dämon blufft – Standard-Erzähler-Vorgehensweise – und deshalb lausche ich tagsüber immer, was die Spieler so über sich erzählen.
Der Scherge in diesem Spiel war der Mezepheles:
Du kennst zu Beginn ein geheimes Wort. Der 1. gute Spieler, der dieses Wort sagt, wird in dieser Nacht böse.
Das geheime Wort war „Müllauto“, was leider im ganzen Spiel nicht genannt wurde. Man kann damit schöne Dinge tun: beispielsweise zu allen Spielern gehen und sagen „Willst du böse werden, dann geh zum Erzähler und sag ‚Müllauto‘!“ Und danach andeuten, dass ein anderer Spieler jetzt zum Bösen Team gehört.
Mit der zweiten Runde kamen wir gut voran, aber es wurde trotzdem zeitlich zu knapp, um so voll auszuspielen. Deshalb kam der Fiedler ins Spiel, ein Sagenhafter:
Einmal im Spiel, wählt der Dämon geheim einen gegnerischen Spieler: Alle Spieler wählen, welcher der beiden Spieler gewinnt.
Also alle die Augen zu, der Dämon wählt, alle die Augen wieder auf. Aus dramaturgischen Gründen hab alle – bis auf die beiden – lautstark mit „Du bist tot!“ markiert. Danach eine kurze Diskussion – die übliche Minute wurde nicht benötigt – und alle inklusive den Bösen Spielern haben einen guten Spieler zum Sieger erklärt.